Berlin im September 2015, Kloster Rogate Sankt Michael zu Berlin
Seit Anfang August ist „Max ist Marie oder mein Sohn ist meine Tochter ist mein Kind“ in der Zwölf-Apostel-Kirche in Berlin Schöneberg zu sehen.
Die Ausstellung wurde möglich durch das große Engagement von Bruder Franziskus.
Am Samstag durfte ich ihn persönlich kennenlernen, als ich ihn in der Kirche besuchte und eine Führung durch die Ausstellung gab.
Vor ein paar Monaten hatte Bruder Franziskus mich angeschrieben und gefragt, was ich davon hielte „Max ist Marie“ in der Kirche zu zeigen. Ich war sofort begeistert: Was für einen fantastsische Möglichkeit, das Thema vielen Menschen zugänglich zu machen!
Zur Eröffnung der Ausstellung gab es einen besonderen Gottesdienst, imlaufe der Wochen Besuche von Mitgliedern des Bundestages, einen weiteren Gottesdienst zum Thema „Transidentität“, und an den offenen Samstagen kamen viele Menschen, um die Ausstellung zu sehen.
Heute bin ich zum ersten Mal hier und sehr beeindruckt davon, wie intensiv die Bilder wirken, wenn sie in dieser Umgebung hängen.
Wir haben noch eine Stunde bis zur Führung durch die Ausstellung. Für unser Gespräch setzen wir uns in eine der Bänke der Kirche.
In dieser Kirche hat die kleine geistliche Gemeinschaft Kloster Rogate Sankt Michael zu Berlin, der Bruder Franziskus angehört, ein Zuhause gefunden. Von hier aus engagiert sich Bruder Franziskus seit 2008 für die Menschen.
Was hat ihn dazu bewegt, die Porträts der transidenten Menschen hier zu zeigen?
„Die Bilder sind sehr einfühlsam, sie zeigen, dass es um Menschen geht, um Individuen. Das Projekt hilft tatsächlich die Trans-Thematik zu verstehen, zu verstehen, dass Trans-Menschen keine homgene Gruppe sind, sondern jeder seine ganz eigene Thematik hat, wie jeder andere Mensch auch. In unserer Gemeinde hat die Ausstellung fruchtbare Diskussionen in Gang gesetzt und wichtige Gespräche initiiert.“
Es gibt einen weiteren, sehr persönlichen Grund für sein Engagement: „Ich habe vor einigen Jahre eine transidente junge Frau begleitet, die nach der beginnenden Behandlung vor eine U Bahn sprang. Mit 18 Jahren! Mir ist es wichtig, etwas zu tun, was dem Thema trans* zu mehr Normalität verhilft.“
„Liebe in die Welt tragen und Türen öffnen“, das sind seine Lebensziele. In der Nacht vor unserem Treffen hat er kaum geschlafen, zu sehr beschäftigt ihn, was in Ungarn, und nicht nur in Ungarn, mit den Flüchtlingen passiert.
Unter der Woche betreut Bruder Franziskus einzelne Flüchtlinge hier in Berlin.
Er deutet auf die dampfende Tasse Tees vor uns: „Ein Drittel von dieser Flüssigkeit muss auf der Flucht manchmal für drei Tage reichen.“
So viele große Themen gibt es, die mehr Menschlichkeit erfordern. Und so viele kleine im Alltäglichen. „Vor ein paar Jahren saß ich hier und sah nach Draußen. Da laufen viele einsame Menschen durch unsere Straßen, man sieht ihre Traurigkeit. Viele haben nur den Halt, den ihnen ihr Haustier gibt. Wie können wir sie in unsere Kirche holen, habe ich mich gefragt? Damals haben wir die Tiergottesdienste ins Leben gerufen. Die Bänke waren voll.“
Jetzt, fünf Minuten vor Beginn meiner Führung durch die Ausstellung, sind die Bänke zwar nicht bis auf den letzten Platz gefüllt, aber es sind Menschen gekommen, die mehr erfahren möchten über „Max ist Marie“, die die Geschichten hinter den Geschichten hören möchten, die wissen möchten, was mich als Fotografin zu dem Projekt bewegt hat, warum ich es so umgesetzt habe, wie es jetzt zu sehen ist- und vor allem: die verstehen möchten.
Danke an alle, die zugehört haben. Und danke an Bruder Franziskus für Ihren Einsatz und Ihre Unterstützung.
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